Generated for (University of
Chicago)
on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl.
Trakl - Dichtungen
net/2027/inu.
32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www.
hathitrust.
org/access_use#pd-us-google
? G
ewaltig ist das Schweigen des verwu? steten Gartens,
Da der junge Novize die Stirne mit braunem Laub
: bekra? nzt,
Sein Odem eisiges Gold trinkt.
Die Ha? nde ru? hren das Alter bla? ulicher Wasser
Oder in kalter Nacht die weissen Wangen der Schwestern.
Leise und harmonisch ist ein Gang an freundlichen
Zimmern hin,
Wo Einsamkeit ist und das Rauschen des Ahorns,
Wo vielleicht noch die Drossel singt.
Scho? n ist der Mensch und erscheinend im Dunkel,
Wenn er staunend Arme und Beine bewegt,
Und in purpurnen Ho? hlen stille die Augen rollen.
Zur Vesper verliert sich der Fremdling in schwarzer
Novemberzersto? rung,
Unter morschem Gea? st, an Mauern voll Aussatz hin,
Wo vordem der heilige Bruder gegangen,
Versunken in das sanfte Saitenspiel seines Wahnsinns.
O wie einsam endet der Abendwind.
Ersterbend neigt sich das Haupt im Dunkel des o? lbaums.
85
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? E
rschu? tternd ist der Untergang des Geschlechts.
In dieser Stunde fu? llen sich die Augen des Schauen-
dem Gold seiner Sterne. [den
Am Abend versinkt ein Glockenspiel, das nicht mehr to? nt,
Verfallen die schwarzen Mauern am Platz,
Ruft der tote Soldat zum Gebet.
Ein bleicher Engel
Tritt der Sohn ins leere Haus seiner Va? ter.
Die Schwestern sind ferne zu weissen Greisen gegangen.
Nachts fand sie der Schla? fer unter den Sa? ulen im Hausflur,
Zuru? ckgekehrt von traurigen Pilgerschaften.
O wie starrt von Kot und Wu? rmern ihr Haar,
Da er darein mit silbernen Fu? ssen steht,
Und jene verstorben aus kahlen Zimmern treten.
O ihr Psalmen in feurigen Mitternachtsregen,
Da die Knechte mit Nesseln die sanften Augen schlugen,
Die kindlichen Fru? chte des Holunders
Sich staunend neigen u? ber ein leeres Grab.
Leise rollen vergilbte Monde
U? ber die Fieberlinnen des Ju? nglings,
Eh dem Schweigen des Winters folgt.
86
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Ein erhabenes Schicksal sinnt den Kidron hinab,
Wo die Zeder, ein weiches Gescho? pf,
Sich unter den blauen Brauen des Vaters entfaltet,
U? ber die Weide nachts ein Scha? fer seine Herde fu? hrt.
Oder es sind Schreie im Schlaf,
Wenn ein eherner Engel im Hain den Menschen antritt,
Das Fleisch des Heiligen auf glu? hendem Rost hinschmilzt.
Um die Lehmhu? tten rankt purpurner Weih,
To? nende Bu? ndel vergilbten Korns,
Das Summen der Bienen, der Flug des Kranichs.
Am Abend begegnen sich Auferstandene auf Felsenpfaden.
In schwarzen Wassern spiegeln sich Aussa? tzige;
Oder sie o? ffnen die kotbefleckten Gewa? nder
Weinend dem balsamischen Wind, der vom rosigen
Hu? gel weht.
Schlanke Ma? gde tasten durch die Gassen der Nacht,
Ob sie den liebenden Hirten fa? nden.
Sonnabends to? nt in den Hu? tten sanfter Gesang.
Lasset das Lied auch des Knaben gedenken,
Seines Wahnsinns, und weisser Brauen und seines
Hingangs,
Des Verwesten, der bla? ulich die Augen aufschla? gt.
O wie traurig ist dieses Wiedersehn.
87
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Die Stufen des Wahnsinns in schwarzen Zimmern,
Die Schatten der Alten unter der offenen Tu? r,
Da Helians Seele sich im rosigen Spiegel beschaut
Und Schnee und Aussatz von seiner Stirne sinken.
An den Wa? nden sind die Sterne erloschen
Und die weissen Gestalten des Lichts.
Dem Teppich entsteigt Gebein der Gra? ber,
Das Schweigen verfallener Kreuze am Hu? gel,
Des Weihrauchs Su? sse im purpurnen Nachtwind.
i?
0 ihr zerbrochenen Augen in schwarzen Mu? ndern,
Da der Enkel in sanfter Umnachtung
Einsam dem dunkleren Ende nachsinnt,
Der stille Gott die blauen Lider u? ber ihn senkt.
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ZWEITER TEIL
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? SEBASTIAN IM TRAUM
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? IM PARK
Wieder wandelnd im alten Park,
0! Stille gelb und roter Blumen.
Ihr auch trauert, ihr sanften Go? tter,
Und das herbstliche Gold der Ulme.
Reglos ragt am bla? ulichen Weiher
Das Rohr, verstummt am Abend die Drossel.
O! dann neige auch du die Stirne
Vor der Ahnen verfallenem Marmor.
93
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? UNTERGANG
An Karl Borroma? us Heinrich
U? ber den weissen Weiher
Sind die wilden Vo? gel fortgezogen.
Am Abend weht von unseren Sternen ein eisigerWind.
U? ber unsere Gra? ber
Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht.
Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernenKahn.
Immer klingen die weissen Mauern der Stadt.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitter-
nacht.
94
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? AN DEN KNABEN ELIS
Elis, wenn die Amsel im schwarzen Wald ruft,
Dieses ist dein Untergang.
Deine Lippen trinken die Ku? hle des blauen Felsenquells.
Lass, wenn deine Stirne leise blutet,
Uralte Legenden
Und dunkle Deutung des Vogelflugs.
Du aber gehst mit weichen Schritten in die Nacht,
Die voll purpurner Trauben ha? ngt,
Und du regst die Arme scho? ner im Blau.
Ein Dornenbusch to? nt,
Wo deine mondenen Augen sind.
0, wie lange bist, Elis, du verstorben.
Dein Leib ist eine Hyazinthe,
In die ein Mo? nch die wa? chsernen Finger taucht.
Eine schwarze Ho? hle ist unser Schweigen,
Daraus bisweilen ein sanftes Tier tritt
Und langsam die schweren Lider senkt.
Auf deine Schla? fen tropft schwarzer Tau,
Das letzte Gold verfallener Sterne.
95
? ?
Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ELIS
1.
Vollkommen ist die Stille dieses goldenen Tags.
Unter alten Eichen
Erscheinst du, Elis, ein Ruhender mit runden Augen.
Ihre Bla? ue spiegelt den Schlummer der Liebenden.
An deinem Mund
Verstummten ihre rosigen Seufzer.
Am Abend zog der Fischer die schweren Netze ein.
Ein guter Hirt
Fu? hrt seine Herde am Waldsaum hin.
0! wie gerecht sind, Elis, alle deine Tage.
Leise sinkt
An kahlen Mauern des o? lbaums blaue Stille,
Erstirbt eines Greisen dunkler Gesang.
Ein goldener Kahn
Schaukelt, Elis, dein Herz am einsamen Himmel.
96
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? 2.
Ein sanftes Glockenspiel to? nt in Elis' Brust
Am Abend, :(?
Da sein Haupt ins schwarze Kissen sinkt.
:? 'l
Ein blaues Wild .
Blutet leise im Dornengestru? pp.
Ein brauner Baum steht abgeschieden da;
Seine blauen Fru? chte fielen von ihm.
Zeichen und Sterne
Versinken leise im Abendweiher.
?
Hinter dem Hu? gel ist es Winter geworden.
/
Blaue Tauben
Trinken nachts den eisigen Schweiss,
Der von Elis' kristallener Stirne rinnt.
Immer to? nt
An schwarzen Mauern Gottes einsamer Wind.
,97
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? NACHTS
Die Bla? ue meiner Augen ist erloschen in dieser Nacht,
Das rote Gold meines Herzens. 0! wie stille brannte
das Licht.
Dein blauer Mantel umfing den Sinkenden;
Dein roter Mund besiegelte des Freundes Umnachtung.
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? STUNDENLIED
Mit dunklen Blicken sehen sich die Liebenden an,
Die Blonden, Strahlenden. In starrender Finsternis
Umschlingen schma? chtig sich die sehnenden Arme.
Purpurn zerbrach der Gesegneten Mund. Die runden
Augen
Spiegeln das dunkle Gold des Fru? hlingsnachmittags,
Saum und Schwa? rze des Walds, Abenda? ngste im Gru? n;
Vielleicht unsa? glichen Vogelflug, des Ungeborenen
Pfad an finsteren Do? rfern, einsamen Sommern hin
Und aus verfallener Bla? ue tritt bisweilen ein Abgelebtes.
Leise rauscht im Acker das gelbe Korn.
Hart ist das Leben und sta? hlern schwingt die Sense der
Landmann,
Fu? gt gewaltige Balken der Zimmermann.
Purpurn fa? rbt sich das Laub im Herbst; der mo? nchische
Durchwandelt heitere Tage; reif ist die Traube [Geist
Und festlich die Luft in gera? umigen Ho? fen.
Su? sser duften vergilbte Fru? chte; leise ist das Lachen
Des Frohen, Musik und Tanz in schattigen Kellern;
Im da? mmernden Garten Schritt und Stille des ver-
storbenen Knaben.
7* 99
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? UNTERWEGS
Am Abend trugen sie den Fremden in die Totenkammer;
Ein Duft von Teer; das leise Rauschen roter Platanen;
Der dunkle Flug der Dohlen; am Platz zog eine Wache auf.
Die Sonne ist in schwarze Linnen gesunken; immer wieder
kehrt dieser vergangene Abend.
Im Nebenzimmer spielt die Schwester eine Sonate von
Schubert.
Sehr leise sinkt ihr La? cheln in den verfallenen Brunnen,
Der bla? ulich in der Da? mmerung rauscht. 0, wie alt ist
unser Geschlecht.
Jemand flu? stert drunten im Garten; jemand hat diesen
schwarzen Himmel verlassen.
Auf der Kommode duften A? pfel. Grossmutter zu? ndet
goldene Kerzen an.
U? , wie mild ist der Herbst. Leise klingen unsere Schritte
im alten Park
Unter hohen Ba? umen. 0, wie ernst ist das hyazinthene
Antlitz der Da? mmerung.
Der blaue Quell zu deinen Fu? ssen, geheimnisvoll die
rote Stille deines Munds,
Umdu? stert vom Schlummer des Laubs, dem dunklen
Gold verfallener Sonnenblumen.
100
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Deine Lider sind schwer von Mohn und tra? umen leise
auf meiner Stirne.
Sanfte Glocken durchzittern die Brust. Eine blaue
Wolke
Ist dein Antlitz auf mich gesunken in der Da? mmerung.
Ein Lied zur Gitarre, das in einer fremden Schenke
erklingt,
Die wilden Holunderbu? sche dort, ein lang vergangener
Novembertag,
Vertraute Schritte auf der da? mmernden Stiege, der
Anblick gebra? unter Balken,
Ein offenes Fenster, an dem ein su? sses Hoffen zuru? ck-
blieb -
Unsa? glich ist das alles, o Gott, dass man erschu? ttert ins
Knie bricht.
0, wie dunkel ist diese Nacht. Eine purpurne Flamme
Erlosch an meinem Mund. In der Stille
Erstirbt der bangen Seele einsames Saitenspiel.
Lass, wenn trunken von Wein das Haupt in die Gosse
sinkt.
101
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? KINDHEIT
Voll Fru? chten der Holunder; ruhig wohnte die Kindheit
In blauer Ho? hle. U? ber vergangenen Pfad,
Wo nun bra? unlich das wilde Gras saust,
Sinnt das stille Gea? st; das Rauschen des Laubs
Ein gleiches, wenn das blaue Wasser im Felsen to? nt.
Sanft ist der Amsel Klage. Ein Hirt
Folgt sprachlos der Sonne, die vom herbstlichen Hu? gel
rollt.
Ein blauer Augenblick ist nur mehr Seele.
Am Waldsaum zeigt sich ein scheues Wild und friedlich
Ruhn im Grund die alten Glocken und finsteren Weiler.
Fro? mmer kennst du den Sinn der dunklen Jahre,
Ku? hle und Herbst in einsamen Zimmern;
Und in heiliger Bla? ue la? uten leuchtende Schritte fort.
Leise klirrt ein offenes Fenster; zu Tra? nen
Ru? hrt der Anblick des verfallenen Friedhofs am Hu? gel,
Erinnerung an erza? hlte Legenden; doch manchmal er-
hellt sich die Seele,
Wenn sie frohe Menschen denkt, dunkelgoldene Fru? hlings-
tage.
102
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? SEBASTIAN IM TRAUM
1 Fu? r Adolf Loos
1% /lutter trug das Kindlein im weissen Mond,
-L *->>- Im Schatten des Nussbaums, uralten Holunders,
Trunken vom Safte des Mohns, der Klage der Drossel;
Und stille
Neigte in Mitleid sich u? ber jene ein ba? rtiges Antlitz
Leise im Dunkel des Fensters; und altes Hausgera? t
Der Va? ter
Lag im Verfall; Liebe und herbstliche Tra? umerei.
Also dunkel der Tag des Jahrs, traurige Kindheit,
Da der Knabe leise zu ku? hlen Wassern, silbernen Fischen
Ruh und Antlitz; [hinabstieg,
Da er steinern sich vor rasende Rappen warf,
In grauer Nacht sein Stern u? ber ihn kam;
Oder wenn er an der frierenden Hand der Mutter
? Abends u? ber Sankt Peters herbstlichen Friedhof ging,
Ein zarter Leichnam stille im Dunkel der Kammer lag
Und jener die kalten Lider u? ber ihn aufhob.
Er aber war ein kleiner Vogel im kahlen Gea?
? G
ewaltig ist das Schweigen des verwu? steten Gartens,
Da der junge Novize die Stirne mit braunem Laub
: bekra? nzt,
Sein Odem eisiges Gold trinkt.
Die Ha? nde ru? hren das Alter bla? ulicher Wasser
Oder in kalter Nacht die weissen Wangen der Schwestern.
Leise und harmonisch ist ein Gang an freundlichen
Zimmern hin,
Wo Einsamkeit ist und das Rauschen des Ahorns,
Wo vielleicht noch die Drossel singt.
Scho? n ist der Mensch und erscheinend im Dunkel,
Wenn er staunend Arme und Beine bewegt,
Und in purpurnen Ho? hlen stille die Augen rollen.
Zur Vesper verliert sich der Fremdling in schwarzer
Novemberzersto? rung,
Unter morschem Gea? st, an Mauern voll Aussatz hin,
Wo vordem der heilige Bruder gegangen,
Versunken in das sanfte Saitenspiel seines Wahnsinns.
O wie einsam endet der Abendwind.
Ersterbend neigt sich das Haupt im Dunkel des o? lbaums.
85
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? E
rschu? tternd ist der Untergang des Geschlechts.
In dieser Stunde fu? llen sich die Augen des Schauen-
dem Gold seiner Sterne. [den
Am Abend versinkt ein Glockenspiel, das nicht mehr to? nt,
Verfallen die schwarzen Mauern am Platz,
Ruft der tote Soldat zum Gebet.
Ein bleicher Engel
Tritt der Sohn ins leere Haus seiner Va? ter.
Die Schwestern sind ferne zu weissen Greisen gegangen.
Nachts fand sie der Schla? fer unter den Sa? ulen im Hausflur,
Zuru? ckgekehrt von traurigen Pilgerschaften.
O wie starrt von Kot und Wu? rmern ihr Haar,
Da er darein mit silbernen Fu? ssen steht,
Und jene verstorben aus kahlen Zimmern treten.
O ihr Psalmen in feurigen Mitternachtsregen,
Da die Knechte mit Nesseln die sanften Augen schlugen,
Die kindlichen Fru? chte des Holunders
Sich staunend neigen u? ber ein leeres Grab.
Leise rollen vergilbte Monde
U? ber die Fieberlinnen des Ju? nglings,
Eh dem Schweigen des Winters folgt.
86
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Ein erhabenes Schicksal sinnt den Kidron hinab,
Wo die Zeder, ein weiches Gescho? pf,
Sich unter den blauen Brauen des Vaters entfaltet,
U? ber die Weide nachts ein Scha? fer seine Herde fu? hrt.
Oder es sind Schreie im Schlaf,
Wenn ein eherner Engel im Hain den Menschen antritt,
Das Fleisch des Heiligen auf glu? hendem Rost hinschmilzt.
Um die Lehmhu? tten rankt purpurner Weih,
To? nende Bu? ndel vergilbten Korns,
Das Summen der Bienen, der Flug des Kranichs.
Am Abend begegnen sich Auferstandene auf Felsenpfaden.
In schwarzen Wassern spiegeln sich Aussa? tzige;
Oder sie o? ffnen die kotbefleckten Gewa? nder
Weinend dem balsamischen Wind, der vom rosigen
Hu? gel weht.
Schlanke Ma? gde tasten durch die Gassen der Nacht,
Ob sie den liebenden Hirten fa? nden.
Sonnabends to? nt in den Hu? tten sanfter Gesang.
Lasset das Lied auch des Knaben gedenken,
Seines Wahnsinns, und weisser Brauen und seines
Hingangs,
Des Verwesten, der bla? ulich die Augen aufschla? gt.
O wie traurig ist dieses Wiedersehn.
87
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Die Stufen des Wahnsinns in schwarzen Zimmern,
Die Schatten der Alten unter der offenen Tu? r,
Da Helians Seele sich im rosigen Spiegel beschaut
Und Schnee und Aussatz von seiner Stirne sinken.
An den Wa? nden sind die Sterne erloschen
Und die weissen Gestalten des Lichts.
Dem Teppich entsteigt Gebein der Gra? ber,
Das Schweigen verfallener Kreuze am Hu? gel,
Des Weihrauchs Su? sse im purpurnen Nachtwind.
i?
0 ihr zerbrochenen Augen in schwarzen Mu? ndern,
Da der Enkel in sanfter Umnachtung
Einsam dem dunkleren Ende nachsinnt,
Der stille Gott die blauen Lider u? ber ihn senkt.
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ZWEITER TEIL
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? SEBASTIAN IM TRAUM
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? IM PARK
Wieder wandelnd im alten Park,
0! Stille gelb und roter Blumen.
Ihr auch trauert, ihr sanften Go? tter,
Und das herbstliche Gold der Ulme.
Reglos ragt am bla? ulichen Weiher
Das Rohr, verstummt am Abend die Drossel.
O! dann neige auch du die Stirne
Vor der Ahnen verfallenem Marmor.
93
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? UNTERGANG
An Karl Borroma? us Heinrich
U? ber den weissen Weiher
Sind die wilden Vo? gel fortgezogen.
Am Abend weht von unseren Sternen ein eisigerWind.
U? ber unsere Gra? ber
Beugt sich die zerbrochene Stirne der Nacht.
Unter Eichen schaukeln wir auf einem silbernenKahn.
Immer klingen die weissen Mauern der Stadt.
Unter Dornenbogen
O mein Bruder klimmen wir blinde Zeiger gen Mitter-
nacht.
94
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? AN DEN KNABEN ELIS
Elis, wenn die Amsel im schwarzen Wald ruft,
Dieses ist dein Untergang.
Deine Lippen trinken die Ku? hle des blauen Felsenquells.
Lass, wenn deine Stirne leise blutet,
Uralte Legenden
Und dunkle Deutung des Vogelflugs.
Du aber gehst mit weichen Schritten in die Nacht,
Die voll purpurner Trauben ha? ngt,
Und du regst die Arme scho? ner im Blau.
Ein Dornenbusch to? nt,
Wo deine mondenen Augen sind.
0, wie lange bist, Elis, du verstorben.
Dein Leib ist eine Hyazinthe,
In die ein Mo? nch die wa? chsernen Finger taucht.
Eine schwarze Ho? hle ist unser Schweigen,
Daraus bisweilen ein sanftes Tier tritt
Und langsam die schweren Lider senkt.
Auf deine Schla? fen tropft schwarzer Tau,
Das letzte Gold verfallener Sterne.
95
? ?
Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? ELIS
1.
Vollkommen ist die Stille dieses goldenen Tags.
Unter alten Eichen
Erscheinst du, Elis, ein Ruhender mit runden Augen.
Ihre Bla? ue spiegelt den Schlummer der Liebenden.
An deinem Mund
Verstummten ihre rosigen Seufzer.
Am Abend zog der Fischer die schweren Netze ein.
Ein guter Hirt
Fu? hrt seine Herde am Waldsaum hin.
0! wie gerecht sind, Elis, alle deine Tage.
Leise sinkt
An kahlen Mauern des o? lbaums blaue Stille,
Erstirbt eines Greisen dunkler Gesang.
Ein goldener Kahn
Schaukelt, Elis, dein Herz am einsamen Himmel.
96
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? 2.
Ein sanftes Glockenspiel to? nt in Elis' Brust
Am Abend, :(?
Da sein Haupt ins schwarze Kissen sinkt.
:? 'l
Ein blaues Wild .
Blutet leise im Dornengestru? pp.
Ein brauner Baum steht abgeschieden da;
Seine blauen Fru? chte fielen von ihm.
Zeichen und Sterne
Versinken leise im Abendweiher.
?
Hinter dem Hu? gel ist es Winter geworden.
/
Blaue Tauben
Trinken nachts den eisigen Schweiss,
Der von Elis' kristallener Stirne rinnt.
Immer to? nt
An schwarzen Mauern Gottes einsamer Wind.
,97
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? NACHTS
Die Bla? ue meiner Augen ist erloschen in dieser Nacht,
Das rote Gold meines Herzens. 0! wie stille brannte
das Licht.
Dein blauer Mantel umfing den Sinkenden;
Dein roter Mund besiegelte des Freundes Umnachtung.
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? STUNDENLIED
Mit dunklen Blicken sehen sich die Liebenden an,
Die Blonden, Strahlenden. In starrender Finsternis
Umschlingen schma? chtig sich die sehnenden Arme.
Purpurn zerbrach der Gesegneten Mund. Die runden
Augen
Spiegeln das dunkle Gold des Fru? hlingsnachmittags,
Saum und Schwa? rze des Walds, Abenda? ngste im Gru? n;
Vielleicht unsa? glichen Vogelflug, des Ungeborenen
Pfad an finsteren Do? rfern, einsamen Sommern hin
Und aus verfallener Bla? ue tritt bisweilen ein Abgelebtes.
Leise rauscht im Acker das gelbe Korn.
Hart ist das Leben und sta? hlern schwingt die Sense der
Landmann,
Fu? gt gewaltige Balken der Zimmermann.
Purpurn fa? rbt sich das Laub im Herbst; der mo? nchische
Durchwandelt heitere Tage; reif ist die Traube [Geist
Und festlich die Luft in gera? umigen Ho? fen.
Su? sser duften vergilbte Fru? chte; leise ist das Lachen
Des Frohen, Musik und Tanz in schattigen Kellern;
Im da? mmernden Garten Schritt und Stille des ver-
storbenen Knaben.
7* 99
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? UNTERWEGS
Am Abend trugen sie den Fremden in die Totenkammer;
Ein Duft von Teer; das leise Rauschen roter Platanen;
Der dunkle Flug der Dohlen; am Platz zog eine Wache auf.
Die Sonne ist in schwarze Linnen gesunken; immer wieder
kehrt dieser vergangene Abend.
Im Nebenzimmer spielt die Schwester eine Sonate von
Schubert.
Sehr leise sinkt ihr La? cheln in den verfallenen Brunnen,
Der bla? ulich in der Da? mmerung rauscht. 0, wie alt ist
unser Geschlecht.
Jemand flu? stert drunten im Garten; jemand hat diesen
schwarzen Himmel verlassen.
Auf der Kommode duften A? pfel. Grossmutter zu? ndet
goldene Kerzen an.
U? , wie mild ist der Herbst. Leise klingen unsere Schritte
im alten Park
Unter hohen Ba? umen. 0, wie ernst ist das hyazinthene
Antlitz der Da? mmerung.
Der blaue Quell zu deinen Fu? ssen, geheimnisvoll die
rote Stille deines Munds,
Umdu? stert vom Schlummer des Laubs, dem dunklen
Gold verfallener Sonnenblumen.
100
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? Deine Lider sind schwer von Mohn und tra? umen leise
auf meiner Stirne.
Sanfte Glocken durchzittern die Brust. Eine blaue
Wolke
Ist dein Antlitz auf mich gesunken in der Da? mmerung.
Ein Lied zur Gitarre, das in einer fremden Schenke
erklingt,
Die wilden Holunderbu? sche dort, ein lang vergangener
Novembertag,
Vertraute Schritte auf der da? mmernden Stiege, der
Anblick gebra? unter Balken,
Ein offenes Fenster, an dem ein su? sses Hoffen zuru? ck-
blieb -
Unsa? glich ist das alles, o Gott, dass man erschu? ttert ins
Knie bricht.
0, wie dunkel ist diese Nacht. Eine purpurne Flamme
Erlosch an meinem Mund. In der Stille
Erstirbt der bangen Seele einsames Saitenspiel.
Lass, wenn trunken von Wein das Haupt in die Gosse
sinkt.
101
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? KINDHEIT
Voll Fru? chten der Holunder; ruhig wohnte die Kindheit
In blauer Ho? hle. U? ber vergangenen Pfad,
Wo nun bra? unlich das wilde Gras saust,
Sinnt das stille Gea? st; das Rauschen des Laubs
Ein gleiches, wenn das blaue Wasser im Felsen to? nt.
Sanft ist der Amsel Klage. Ein Hirt
Folgt sprachlos der Sonne, die vom herbstlichen Hu? gel
rollt.
Ein blauer Augenblick ist nur mehr Seele.
Am Waldsaum zeigt sich ein scheues Wild und friedlich
Ruhn im Grund die alten Glocken und finsteren Weiler.
Fro? mmer kennst du den Sinn der dunklen Jahre,
Ku? hle und Herbst in einsamen Zimmern;
Und in heiliger Bla? ue la? uten leuchtende Schritte fort.
Leise klirrt ein offenes Fenster; zu Tra? nen
Ru? hrt der Anblick des verfallenen Friedhofs am Hu? gel,
Erinnerung an erza? hlte Legenden; doch manchmal er-
hellt sich die Seele,
Wenn sie frohe Menschen denkt, dunkelgoldene Fru? hlings-
tage.
102
? ? Generated for (University of Chicago) on 2014-12-16 02:37 GMT / http://hdl. handle. net/2027/inu. 32000007258199 Public Domain in the United States, Google-digitized / http://www. hathitrust. org/access_use#pd-us-google
? SEBASTIAN IM TRAUM
1 Fu? r Adolf Loos
1% /lutter trug das Kindlein im weissen Mond,
-L *->>- Im Schatten des Nussbaums, uralten Holunders,
Trunken vom Safte des Mohns, der Klage der Drossel;
Und stille
Neigte in Mitleid sich u? ber jene ein ba? rtiges Antlitz
Leise im Dunkel des Fensters; und altes Hausgera? t
Der Va? ter
Lag im Verfall; Liebe und herbstliche Tra? umerei.
Also dunkel der Tag des Jahrs, traurige Kindheit,
Da der Knabe leise zu ku? hlen Wassern, silbernen Fischen
Ruh und Antlitz; [hinabstieg,
Da er steinern sich vor rasende Rappen warf,
In grauer Nacht sein Stern u? ber ihn kam;
Oder wenn er an der frierenden Hand der Mutter
? Abends u? ber Sankt Peters herbstlichen Friedhof ging,
Ein zarter Leichnam stille im Dunkel der Kammer lag
Und jener die kalten Lider u? ber ihn aufhob.
Er aber war ein kleiner Vogel im kahlen Gea?
